Erst eine Rolle rückwärts mit Anführer Joshua Kimmich, dann der erhoffte souveräne Sieg und der Sprung auf Platz eins als Mutmacher: Julian Nagelmann hat nach dem locker leichten 4:0 (2:0) der Fußball-Nationalmannschaft gegen den tapferen, aber überforderten Außenseiter Luxemburg das direkte Ticket für die WM 2026 wieder fest im Blick.
David Raum (12. Minute) mit seinem ersten Länderspieltor, der vom Bundestrainer doch wieder als Rechtsverteidiger aufgebotene Kimmich (21./Handelfmeter/50.) mit seinem ersten DFB-Doppelpack und der überragende Serge Gnabry (48.) erzielten gegen den durch eine Rote Karte für Dirk Carlson früh dezimierten Underdog die Treffer für die überlegene DFB-Elf.
Nach dem höchsten Sieg des Jahres, der mit mehr Konsequenz sogar noch klarer hätte ausfallen können, reist Nagelsmann entspannter zur schwereren Auswärtsaufgabe am Montag nach Belfast gegen Nordirland.
Tabellenführung für DFB-Auswahl
Die Briten verhalfen mit ihrem Sieg gegen die Slowaken dem DFB-Team zur Tabellenführung in der Gruppe A. Die eigene Auftaktpleite in der WM-Ausscheidungsrunde gegen die Slowakei (0:2) soll ein einmaliger Ausrutscher auf dem Weg zum Titelangriff in Nordamerika im kommenden Sommer bleiben.
«Wir sind nicht in der Situation, einen Gegner zu unterschätzen», hatte Nagelsmann vor dem Anpfiff angesichts des holprigen Starts der DFB-Auswahl in Bratislava gesagt. Die Zurückhaltung war unbegründet. Gegen das weiter punktlose Luxemburg geriet der Sieg nach dominantem Beginn nie in Gefahr.
Nagelsmann revidiert Kimmich-Versetzung
Kimmich glänzte vor 25.249 Zuschauern in der ausverkauften Arena in Sinsheim in neuer, alter Rolle als großer Antreiber. Der DFB-Kapitän beschränkte sich in seinem 104. Länderspiel, mit dem er an Franz Beckenbauer (103) vorbeizog, nicht nur auf seine Aufgaben als rechter Schienenspieler. Er war einfach überall.
«Joshua ist auf beiden Positionen sehr stark. Wir versuchen immer, Lösungen zu finden und schauen, welches die beste Variante ist», begründete Nagelsmann die Rückversetzung von Kimmich aus dem zentralen Mittelfeld auf die rechte Abwehrseite, die zuletzt als Problemzone in der deutschen Mannschaft ausgemacht wurde.
Daneben setzte Nagelsmann auf bewährte Kräfte statt weitere personelle Experimente. So stand BVB-Innenverteidiger Nico Schlotterbeck nach seiner Knieverletzung erstmals seit März wieder in der DFB-Startelf und sammelte 45 Minuten Spielpraxis.
DFB-Team startet druckvoll
Kimmich, einer von fünf selbstbewussten Münchnern in der Startelf, setzte schon nach drei Minuten ein erstes Offensivzeichen und gab damit die Richtung vor. Seinen straffen Schuss konnte Luxemburgs Torwart Anthony Moris aber abwehren. Kurz darauf bejubelten Spieler und Fans die vermeintliche Führung – doch zu früh.
Nick Woltemade, der sich nach einem grippalen Infekt zu Wochenbeginn nach nur einer Trainingseinheit fit gemeldet hatte, fälschte einen Gnabry-Schuss ins Netz ab – allerdings mit dem Arm. Nach Intervention des Video-Assistenten zählte der Treffer zu Recht nicht. Es wäre das erste Länderspieltor für den im Sommer für rund 90 Millionen Euro vom VfB Stuttgart zu Newcastle United gewechselten Stürmer gewesen.
Nach zwölf Minuten belohnte sich das DFB-Team dann aber doch für den dominanten Start. Raum traf mit einem direkten Freistoß aus knapp 20 Metern. Für den Kapitän von RB Leipzig war es der Premierentreffer im 31. Einsatz für Deutschland.
VAR hilft Deutschland
Nach nicht einmal 20 Minuten wurde der VAR bereits zum zweiten Mal aktiv – dieses Mal wegen eines zunächst nicht geahndeten Handspiels von Carlson im eigenen Strafraum. Der serbische Schiedsrichter Nenad Minakovic entschied nach Ansicht der TV-Bilder auf Elfmeter und schickte Luxemburgs Abwehrspieler mit Rot vom Platz. Kimmich verwandelte eiskalt.
Auch in Überzahl blieb die deutsche Mannschaft konzentriert und erarbeitete sich eine weitere Großchance, die Woltemade jedoch vergab. Nach einem Zauberpass des befreit aufspielenden Florian Wirtz verstolperte der 23-Jährige den Ball frei vor dem Tor.
Die dezimierten Gäste schafften es in der einseitigen Partie kaum einmal über die Mittellinie. Eine Angriffswelle nach der anderen rollte auf das Tor des Außenseiters zu. Phasenweise erinnerte das Spielgeschehen eher an Handball. Eine weitere Lücke in der Luxemburger Abwehr fand die Nagelsmann-Truppe, die nach 35 Minuten ein wenig das anfängliche Feuer verlor, bis zur Pause aber nicht mehr.
Doppelschlag nach der Pause
Das änderte sich kurz nach Wiederbeginn, als Gnabry die Führung mit einem trockenen Schuss unter die Latte ausbaute und sich mit seinem 24. Länderspieltor für einen insgesamt starken Auftritt belohnte. Nur 120 Sekunden später schnürte Kimmich aus Nahdistanz einen Doppelpack.
Nach einer Stunde war dann Schluss für den glücklosen Woltemade, der vom Neu-Frankfurter Jonathan Burkardt abgelöst wurde. Zudem kam Ridle Baku für Karim Adeyemi und damit zu seinem DFB-Comeback. Kaum auf dem Platz sahen beide einen Pfostenschuss von Wirtz.
Dem 150-Millionen-Euro-Mann vom FC Liverpool war der Saison-Fehlstart in England nicht anzumerken, auch wenn er keine weiteren Glanzpunkte mehr setzen konnte.